Thread by @koellchen

Letztes Jahr war ich im Autismus-Therapie-Zentrum Dortmund, hatte ein nettes Gespräch, dass ich da eine Therapie machen könnte. Diese Therapie umfasst Sozialtraining, Hilfe bei Verständnisschwierigkeiten im Job, Hilfe im Alltag.
Da ich mittellos bin, musste ich einen Antrag 1/x

2/x beim Sozialamt stellen, dass dort die Kosten übernommen werden. Den Antrag schickte ich hin. Darauf bekam ich einen Brief mit einer Auflistung, was sie da alles von mir bräuchten und die Aufforderung, telefonisch einen Termin für die Antragsannahme ausmachen.

3/x Ich hatte per Mail geantwortet, bekam darauf einen Brief mit dem Hinweis, 'telefonisch' (das Wort war fett gedruckt) einen Termin auszumachen. Das ist btw die Stelle für behinderte Menschen. Für den Antrag muss ich mich 'nackig machen' (Redewendung). So wollen sie die

4/x Kontoauszüge der letzten 6 Monate. Der vollständige ALG II-Bescheid reicht offensichtlich nicht als Bestätigung, dass ich arm bin. Diagnosebestätigung vom Arzt wollen sie logischerweise. Aber der Zettel meiner Ärztin mit den aktuellen Diagnosen reicht nicht, sie wollen den

5/x kompletten Diagnosebericht. Dass der Diagnostiker der Meinung ist, dass ich Autistin sei, reicht wohl nicht. Also demnächst wieder zur Ärztin, Diagnosebericht holen. Die weitere Vorgehensweise wird mit erklärt: Die vollständigen Unterlagen kommen zur Prüfstelle, dann werde

6/x ich angerufen (Barrierefreiheit und so😤), um einen Termin zur 'Begutachtung' auszumachen. Keine Ahnung, ob die gucken wollen, dass der Diagnostiker nicht irrt und ich wirklich autistisch genug bin, um eine Therapie finanziert zu bekommen. Nach der Begutachtung gebe es einen

7/x weiteren Termin, an dem ich zuhause besucht werde. Wohl um sicherzugehen, dass ich wirklich nicht in einer Villa mit goldenen Türklinken wohne. Das finanziert man ja bekanntlich nebenbei mit jahrelangem ALG II-Bezug, weiß man ja. Und Besuch von Fremden, die mich und meinen

8/x Schutz- und Rückzugsraum taxieren, mag ich ja ganz besonders (sarc). Eigentlich möchte ich Hilfe. Uneigentlich hatte ich schon aufgegeben, aber mein Sachbearbeiter beim Jobcenter hat nicht locker gelassen. Gerade kriege ich eine Mail vom Sozialamt (ja doch, Mail können sie)

9/x dass ich ihnen doch bitte noch eine ausführliche Darstellung meines Tagesablaufes einer Woche von Montag bis Freitag zuschicken soll. Gibt es keine Hilfe, wenn ich zu selbstständig bin? Was soll ich da überhaupt reinschreiben? Was heißt "ausführlich"? Ich bin geneigt, das

10/x als Herausforderung an meinen Autismus zu sehen und ALLES, vom Stuhlgang bis zum Zwischendurch-einen-Schluck-Wasser-Trinken aufzuschreiben. Und die Erschöpfungspausen werde ich ungeschönt reinschreiben. Die Zeiten der Antriebslosigkeit. Das Hinter-der-Wohnungstür-Warten, bis

11/x die Nachbarn endlich nicht mehr im Hausflur sind. Die Panik vor nötigen Telefonaten und Terminen, z. B. um vom Sozialamt geforderte Diagnoseberichte abzuholen. Ich habe noch drei Wochen Zeit, alles einzureichen, da werde ich die nächste Woche mal protokollieren.

12/ Es geht mir nicht gut. Aufgrund der Dauerkompensation und des Andersseins bin ich depressiv, meine Ärztin spricht sogar von depressiver Störung. Depressionen sind typische Begleiterscheinungen von #Autismus . Ich hatte schon schlechtere Zeiten, aber selbst jetzt fehlt mir

13/x für diese ganze bürokratische Scheiße einfach die Kraft! Ich brauche im Grunde Hilfe, um die Finanzierung einer für mich passenden Hilfe zu bekommen. Die Hürden werden so hoch gelegt, dass sich die Notwendigkeit einer tatsächlichen Finanzierung wahrscheinlich oft erübrigt

14/x - weil der Hilfesuchende für den ganzen Aufwand, der gefordert wird, schlichtweg keine Kraft (mehr) hat.
#Autismus #Depression #wasihrnichtseht #notjustsad

15/x Ach ja, hab ich ganz vergessen: Weil mich der Integrationsfachdienst (IFD) der Caritas ausgehend vom Jobcenter bei der Suche nach einem für mich geeigneten Arbeitsplatz unterstützt, soll ich auch den Vertrag mit dem IFD vorlegen. Morgen beim Termin mit der

16/16 Integrstionsberaterin erst einmal klären, ob ich das vom IFD aus überhaupt darf wg. Datenschutz und Einsicht in IFD-eigene Dokumente. Das Sozialamt wüsste halt gerne, wie der IFD mich so unterstützt. Warum auch immer...