Thread by @ingwerbaer1

Mein bester Schulfreund (15) und ich (damals 16) haben von uns gegenseitig erotische Fotos gemacht. Auch nackt. Und mit Ständer. Die Fotos wurden von seinem Vater und meinem Stiefvater gefunden. Wir wurden beide verprügelt. Wir hatten nie Sex. #MeQueer

Mein Onkel, zwei Jahre älter als ich, hat mich verführt. Nicht gehen meinen Willen, ich mochte es. Ich war 15, er 17. Keiner hat darüber geredet, weil wir Schwulenwitze von anderen hörten, die nicht witzig waren. #MeQueer

Im Sportverein (Basketball, Kreisstufe) hatte ich einen Kumpel. Wir beide waren immer zuletzt unter der Dusche. Wir haben uns eingeseift, berührt, gespielt. Wir wurden nach fünf Monaten erwischt und vom Verein ausgeschlossen. Das war schlimm, wir waren ausgeschlossen. #MeQueer

Ich habe bei einer großen (katholischen) Tageszeitung in Köln gearbeitet. Während des Studiums. Mein Chef mochte meinen Schreibstil, mochte mich. Als er erfuhr, dass ich anfing, offen schwul zu leben, hat er mich in der Redaktion gemobbt, danach entlassen. #MeQueer

Als ich mich mit 23 Jahren in der Familie als #schwul outete, gab es heftige Reaktionen. Ein Onkel behauptete, das läge an meiner Erziehung durch drei Frauen. Da könne man ja nur weich werden. Und schwach. #MeQueer

Während der Studienzeit ging ich nach London. Dort hatte ich eine nette Clique. Bis sie erfuhren, dass ich gay sei. Fortan wurde ich als irischer Schafficker tituliert, Witze en mas gerissen, mir gesagt ich solle doch einfach „cool bleiben“. Ich bin dann nach Edinburgh. #MeQueer

Ein weiteres Auslandsstudium erfolgte in Chile. Gefördert mit einem Stipendium des Erzbischofs. Arbeit mit indigenen Kindern im Kloster. Der Pfarrer dort hat sich in mich verliebt. Homophobe Kollegen haben dann behauptet, er habe Kinder missbraucht. Er hat sich erhängt. #MeQueer

Silvesternacht 1995/96: Mein damaliger Freund & ich wurden mitten in Köln von 8 Türken brutal zusammengeschlagen. Krankenhausreif. Weil wir Händchen hielten. Zwei dt. Frauen haben uns Flaschen auf d Kopf geworfen, weil wir die Türken in Ruhe lassen sollten. Niemand half. #MeQueer

In Kiel haben mein Freund & ich ein Restaurant an der Förde gekauft. 2000. ich war im Ortsbeirat, dort wurde gefragt, warum der Laden „rheinische Arschficker“ verkauft worden sei. Nachbarn haben Tonnen von Müll vor unserem Eingang ausgekippt, mit LKW. #MeQueer

Unser Steuerberater im Betrieb in Kiel hat sich gewundert, warum wir Frauen gleich bezahlen wie Männer bzw. sogar besser. Die Antwort gab er sich selbst: „Wir Schwule“ seien ja eh mehr Frauen als Männer, da stütze man sich ja untereinander. #MeQueer

Ungezählte Kommentarr in meinem vor allem jungen Leben: Irgendwie sei man ja kein richtiger Mann, wer denn die Frau von uns beiden sei (Rollenflexibilität kennen die Heten wohl nicht), und Beziehungen könnten Schwule ja auch nicht, immer nur ficken im Kopf. #MeQueer

Ich habe in Gesprächen mal erzählt, dass ich viele Freunde durch AIDS verloren habe. Nicht seltener Komnentar von anderen (keine Freunde): Naja, wer immer nur so rummacht, der darf sich ja nicht wundern. Meinen Schmerz über den Verlust hat keiner verstanden. #MeQueer

In #Berlin wurde ein Freund von mir überfahren. Tot. Es kam zum Prozess, der Angeklagte sagte im Gericht, man solle sich doch nicht so anstellen. Der Verstorbene sei doch nur eine Schwuchtel gewesen. Der Mann war ein alkoholisierter Russe mit reichen Eltern. #MeQueer

Mir braucht keiner zu kommen mit dem Argument, dass offen schwul sein einfach oder gar normal sei. Es ist immer ein Kampf gewesen, mal mehr, mal weniger, voller Missachtung, Gewalt, Drohungen, menschlichen Enttäuschungen. #MeQueer

Trotzdem: Ich bin stark, meistens, habe gekämpft, Kämpfe noch, habe Unterstützung von Freund*innen erfahren, von Professoren, wurde und werde geliebt, liebe, habe Freunde und Partner und bin nicht gebrochen, wenn auch oft traurig ob all der Dinge, die passiert sind. #MeQueer