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Feb 15, 2018 43 tweets 8 min read Read on X
Da ja gerade Prüfungsphasen an den Hochschulen sind, hier mal ein paar prüfungsrechtliche Grundsätze, die euch die Prüfungszeit etwas erleichtern oder zumindest etwas die Angst nehmen sollen oder - falls es daneben gegangen ist - Lösungswege eröffnen. [1/x]
Vorneweg: Es gibt Stellen, die euch helfen können. Grundsätzlich sollte ein erster Ansprechpartner euer AStA sein. Dort gibt es möglicherweile auf Prüfungsrecht spezialisierte Beratungen. In Berlin sind das:
refrat.de/lust
asta.tu-berlin.de/service/hochsc…
astafu.de/beratungen#hoc…
Und auch noch vorneweg:
Da das Prüfungsrecht ein Teil des Verwaltungsrechtes ist, gelten hier strenge Fristen. Dies sind in der Regel 1 Monat, kann aber auch bis zu einem Jahr gehen. Diese Fristen sind unbedingt(!) einzuhalten.
Multiple Choice: Oft sind Teile oder die ganze Prüfung im MC-Verfahren. Das ist grds zulässig,solange es keine Minuspunkte bei falsch angekreuzten Antworten gibt.Sollte das der Fall sein, sind die MC-Teile der Prüfungen ungültig. 4/x
Natürlich sollte nur gegen diese Anteile nur vorgegangen werden, wenn man dort Minuspunkte bekommen hat oder die Prüfung grundsätzlich versemmelt wurde. Die Prüfung wird dann idR annuliert und ihr könnt noch mal ran. 5/x
Klausur: Wenn es während einer Klausur zu kalt/warm/laut war oder andere Störungen auftreten, dann beantragt sofort und vor Ort eine Schreibzeitverlängerung.Das geht ganz einfach mündlich per Meldung. Wird dem nicht nachgekommen, wäre das ein Einspruchsgrund. 6/x
Mündliche Prüfung: Für zu laut/warm/kalt gilt das Gleiche wir unter Klausur. In mündlichen Pr. dürfen Teile auch schriftlich abverlangt werden (z.B. etwas errechnen),der mündl. Teil muss aber signifikant größer sein. Wenn nicht, dann Widerspruchsgrund. 7/x
In mündlichen Pr. dürfen Prüfer_innen leider etwas lauter & sogar stressend sein. Beleidigende Äußerungen, Anschreien, Zettel wegreißen, usw geht aber nicht. Auch das hat die Nichtigkeit der Prüfung zur Folge (Achtung: oft ein Nachweisproblem). 8/x
Achtet in mündl. Pr. auf sonstige Störungen. Kommt jemand in den Raum?Wird dort nebenbei Kaffee gekocht? Laufen andere durch den Raum? Ist das überhaupt ein Raum oder nur eine Ecke auf dem Flur (alles schon dagewesen)? Geht der_die Prüfer_in zwischendurch raus? 9/x
Das alles sind Angriffpunkte für eine schlecht bewertete oder gar durchgefallene Prüfung. In der Regel werden mündliche Prüfungen annuliert, so dass man sie wiederholen kann. Das sollte dann verständlicherweise nicht beim gleichen Prüfer_in erfolgen. 10/x
Solltet Ihr hinterher nicht mit dem Ergebnis (schlechte Note oder Durchgefallen) einverstanden sein, gibt es immer(!) die Möglichkeit einer Remonstration / Gegenvorstellungsverfahrens (Fristen beachten!). Dort könnt ihr die Prüfungsbewertung auseinandernehmen. 11/x
Im übrigen habt ihr immer(!) (ja, wirklich immer!) das Recht eure Prüfungsunterlagen einzusehen und(!) Kopien zu bekommen. Einmalige Einsichtstermine genügen nicht den Vorgaben des Prüfungsrechts. Immer alles schön schriftlich beantragen! 12/x
Krankheit bei Prüfungen: Diese müssen unverzüglich angezeigt werden. Deshalb sofort nach der Krankschreibung eine Mail ans Prüfungsamt mit der Krankmeldung. Funfact: Die Krankschreibung entscheidet nicht über die Prüfungsunfähigkeit. Das tut allein der Prüfungsausschuss 13/x
Dies tut er anhand der Krankschreibung. Eine verletzte linke Hand + Krankschreibung heißt nicht automatisch, dass man als Rechtshänder_in für eine Klausur prüfungsunfähig ist! (ja, ihr habt richtig gelesen). 14/x
Absolutes No Go unter den Krankschreibungen sind Stressbedingte Symptome und - worst case - Prüfungsangst. Beide Erkrankungen begründen regelmäßig keine(!) Prüfungsunfähigkeit. Wenn ihr sowas auf der Krankschreibung zu stehen habt,weil der_die Ärztin es "gut" meinte ... 15/x
... weist ihn_sie darauf hin, dass das nicht geht, sondern dort die richtige Diagnose stehen muss (z.B. Erkältung, Virusinfekt, Migräne, Grippe usw). Reicht die Krankschreibung unverzüglich beim Prüfungsamt ein. Wird sie abgelehnt, muss widersprochen oder geklagt werden.
Funfact: In Prüfungen muss(!) immer die Möglichkeit zum Toilettengang gewahrt sein. Das muss nicht sofort bewilligt werden, jedoch muss die Wartezeit angemessen kurz sein. (also keine 20 oder 30 Minuten) sein. Ist das nicht möglich, dürfte die Prüfung damit nichtig sein. 17/x
Verlängerung von Bearbeitungszeiten: Natürlich können Krankheiten auch eure Bearbeitungszeiten von Hausarbeiten Abschlussarbeiten verlängern. Hier gilt das selbe wie für die Krankschreibungen, welche weiter oben beschrieben sind. 18/x
Solltet ihr die Prüfungen noch vor euch haben & habt bspw. chronische Erkrankungen, Kinder etc. dann kann meist auch ein Nachteilsausgleich beantragt werden. Das heißt Wechsel der Prüfungsform (schriftlich->mündlich, mündlich -> schriftlich, Klausur -> HA usw.) 19/x
Mit ein bisschen Kreativität lässt sich eigentlich (fast) alles argumentieren. Genauso können Bearbeitungszeiten verlängert werden. Dann habt ihr für die Klausur nicht 120 Minuten, sondern bspw. 150. Vor allem geht das, wenn man Konzentrationsstörungen hat. Diese sind ja ... 20/x
Symptom vieler chronischer Erkrankungen, z.B. auch von Depressionen (Stichwort depressive Demenz). Denkt immer daran, ihr seid durch die chronische Erkrankung gegenüber jemand, der_die das nicht hat benachteiligt und dieser Nachteil wird ausgeglichen. #notjustsad 21/x
Falls ihr euch bei Prüfungen aus irgendeinem Grund verspätet (z.B. Bus zu spät gekommen - Auge @AntifaTraeumer oder weil ihr verpennt habt) muss euch idR noch Zugang zum Prüfungsraum gewährt werden. Oft auch, wenn die Prüfung schon begonnen hat. 22/x
Letzteres kommt darauf an, ob die anderen zu Prüfenden durch euren Eintritt über Gebühr gestört werden. Je länger die Prüfung bereits im Gange ist, umso weniger Sinn macht es, sie verspätet anzutreten. Habt ihr die Verspätung nicht selbst verschuldet, reicht dies ... 23/x
als Erklärung zum Rücktritt vom (gerade laufenden) Prüfungsversuch. Habt ihr verschlafen (mutmaßlich eigenes Verschulden) wäre es ratsam nicht mehr zur Uni, sondern direkt zum_zur Ärzt_in zu fahren.Vielleicht liegt eurem Schlafbedarf ...24/x
ja eine akute Erkrankung zugrunde (Erkältung, Virus, Grippe usw). Denn ein Verschlafen reicht als Rücktrittsgrund allein oft nicht aus! Der Prüfungsversuch wäre verloren. Das muss doch nicht sein. 25/x
Täuschungsversuch: Wer direkt beim Abschreiben vom Spickzettel / Nachbar_in erwischt wird,dem ist juristisch (fast) nicht zu helfen.Wird ein Abschreiben aber erst später moniert (zB bei Rückgabe) ist dies meist zu spät,solange nicht eindeutige Beweise vorgelegt werden können 26/x
Das heißt, ihr habt zufällig die 5 Aufgaben genauso falsch wie eure Nachbar_in. Falls beide , also ihr und eure Nachbar_in wegen Täuschungsversuch bestraft werden sollen,hilft es, die Klappe zu halten wer von wem abschrieb. Das lässt sich nämlich nicht nachweisen. 27/x
Bei wissenschaftlichen Arbeiten ist ein Täuschungsversuch nicht(!) das einmalige falsche od vergessene Zitat.Meist auch nicht das zwei od dreimalige falsche Zitat (kommt auf die länge der Arbeit an).Erst wenn das systematisch geschieht,begründet das einen Täuschungsversuch 28/x
Da das Thema aber kompliziert ist, sollte man sich hier an eine spezialisierte Beratung wenden. (Siehe den zweiten Tweet in diesem Thread) 29/x
Sollten irgendwelche Tutorien oder Ähnliches ausgefallen sein (hier in Berlin streiken die SHK - Infos unter @TVStud_Berlin), so dass bestimmter Stoff im Semester nicht gelehrt wurde, dürfte dieser theoretisch nicht in Prüfungen abgefragt werden. 30/x
Passiert es doch, könnte es sein, dass die Prüfungsteile nichtig sind und damit nicht in die Bewertung einfließen dürfen. Auch dies wäre ein Grund (hinterher) gegen die Prüfung vorzugehen. Auch begründen kurzfristige Ausfälle von Veranstaltungen eventuell ein kurzfristiges 31/x
Rücktrittsrecht (also z.B. bis einen Tag vor dem Prüfungstermin). 32/x
Die hier vorgebrachten Themen sind meist Grundlagen des Prüfungsrecht und gelten bundesweit und für die meisten Prüfungen (Neben Hochschule unter anderem auch für Abitur, Gesell_innenprüfung etc.). 33/x
Da das Prüfungsrecht ein lokales Recht ist - jeder Studiengang hat seine eigene Prüfungsordnung - gibt es auch keine Bundes oder Landesgesetze, die das Regeln. Alles hier vorgestellte ist in der Regel aus jahrzehntelanger Rechtsprechung entstanden. 34/x
Deshalb kann auf keine §§ verwiesen werden. Ich empfehle zur Einführung das gute (und einzige) aktuelle Lehrbuch zum Prüfungsrecht von Niehues/Fischer/Jeremias "Prüfungsrecht" in der 6. Auflage. 35/x
Wichtig ist, sich nichts gefallen zu lassen und seine Rechte als zu Prüfende_r zu kennen! 36/x
Werbeblock: Lasst euch beraten und unterstützt die Politik linker ASten indem ihr durch die StuPa-Wahl für ein linkes StuPa sorgt oder - noch besser - selbst mitmacht.
37/x
Quelle für das ganze Prüfungsrechtsgedöns kommt von so einem linken AStA, nämlich dem RefRat der HU. Zu finden und dort auch ausführlicher im aktuellen Studikalender unter "Das ABC der studentischen Widrigkeiten." vom geschätzten (ehemaligen) Kollegen. 38/38
Und vielleicht noch ein kleiner Nachtrag zu Prüfungsfragen: Die Prüfungsfragen müssen selbstverständlich eindeutig gestellt und eindeutig zu beantworten sein. Sind mehere Antworten möglich, z.B. weil die Frage ungenau war oder es einfach mehrere Ansichten zum Thema gibt ... 39/x
, dann gilt auch die Antwort noch als richtig, die im weitesten Sinne noch vertretbar ist. Der Lösungsweg des_der Dozent_in muss nicht benutzt werden, wenn man mit anderen Lösungswegen auch zum Ergebnis gelangt. Das begründet meist keinen Punktabzug. 40/x
Zusammengefasst: Es gibt meist nicht nur die eine richtige Antwort, die auf dem Lösungsblatt der meist unterbezahlten Korrektor_in steht (auch in der Naturwissenschaft). Kämpft im Nachhinein um jeden Punkt, so dass ihr den Scheiß nicht nochmal schreiben müsst. 41/x
Und jetzt ist aber wirklich Schluss! (Es sei denn mir fällt noch was ein. ;D ) 42/42
Thread vllt, ja was für @astatu @astafu @bafoegberatung @berlin_lak

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